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ZERO aus heutiger Sicht   

Wir sehen das Werk von Paul Cézanne mit etwas anderen Augen, wenn wir Pablo Picasso kennen. Marcel Duchamps Werk gewinnt nach Andy Warhol eine neue Bedeutungsebene. Einfluss scheint somit rü̈ckwirkend zu funktionieren: Ein Kunstwerk – sei es ein Gedicht, ein Gemälde oder eine musikalische Komposition – entwickelt sich immer weiter, weil es ständig neu gesehen, gehört und gelesen wird. Es wird neu interpretiert, fehlinterpretiert und wird so rückwirkend immer wieder neu geboren. Dieses rückwirkende Umschreiben wird nicht allein von Historikern und Kritikern betrieben, auch Künstler schreiben durch neue Kunstwerke die Kunstgeschichte neu. 
Nur wirklich bedeutende Kunstwerke sind einer ständigen Neuinterpretation ausgesetzt. Exemplarisch dafür steht zweifelsohne dieser Raum: Man kann sicherlich behaupten, dass der Lichtraum (Hommage à Fontana) der ZERO-Kü̈nstler, vorgestellt 1964 auf der documenta III, in Bezug auf die Lichtexperimente Laszlo Moholy-Nagys in den 1920ern gesehen werden sollte. 
Interessanter als die Frage des Einflusses ist jedoch vielleicht die Frage, inwiefern diese Arbeiten von Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker uns einen neuen Blick auf Moholy-Nagy und die Bauhaus-Generation bescheren. Lässt ein Kunstwerk sich nicht mehr über die Werke jüngerer Künstler neu lesen, ist es nicht mehr lebendig und womöglich reif fürs Magazin. 
In diesem Sinne ist der ZERO-Raum für den Betrachter, der die neuesten Entwicklungen kennt, absolut lebendig. Heute, eine Generation später, ist es interessant zu beobachten, wie die rotierenden Lichtapparate des Gemeinschaftswerks aus dem Blickwinkel von Künstlern wie Carsten Höller, Spencer Finch und Olafur Eliasson wirken. Das Interesse an Wahrnehmungsvorgängen, an der Phänomenologie von Licht und Sehen und an den Schwierigkeiten, eine Grenzlinie zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen zu ziehen, taucht in den Werken dieser Künstler in einer Weise wieder auf, dass wir uns an Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker erneut mit Fragen wenden, die nichts von ihrer Dringlichkeit eingebüsst haben. Der Raum wurde als eine Art Protest gegen das Beharren auf dem schöpferischen Individuum entwickelt und unterstrich stattdessen die Möglichkeiten kollektiver Entdeckerfreude. 
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es in Eliassons Kunst nur um Natur geht, genauer gesagt um bestimmte machtvolle Naturerscheinungen seiner Heimat Island: Wind, Wasser, Licht und Feuer. Es muss jedoch betont werden, dass die völlig neuen Eindrü̈cke, die seine Kunst erweckt, nicht natürlich sind, wenn man ‚natürlich‘ in dem Sinne auffasst, dass das Erleben von allen künstlichen Zutaten bereinigt wurde. Wenn es hier eine ‚Bereinigung‘ gibt, ist sie die Auswirkung eines mechanischen Prozesses, etwa bei einer Arbeit, die ausschließlich aus Licht besteht, das sich auf das Gelbspektrum beschränkt. Obwohl die Konzentration auf die Wahrnehmung in seinem Werk in diesen unsicheren Zeiten neuer Technologien und vermittelter Subjektivität sicherlich visionär ist, wie Jonathan Crary schrieb, haben seine Projekte nichts besonders Futuristisches oder radikal Hochtechnisches an sich. Die mechanische Qualität der Wahrnehmung wäre somit nichts, das sich lediglich auf die heutige Situation bezieht, sondern ist fundamental für das menschliche Erleben schlechthin. Tatsächlich lassen sich Olafur Eliassons Arbeiten, genau wie die im Lichtraum der ZERO-Künstler, nicht mit Kriterien einer Unterscheidung zwischen dem Mechanischen und dem Biologischen fassen. „Stattdessen“, behauptet Crary, „löst sich die Dualität zwischen Natur und Kultur in einem einzigen Feld auf, in welchem Maschine und Organismus untrennbar verbunden sind.“ Dies, so scheint mir, ist auch das, worauf die ZERO-Künstler mit diesem Raum hinauswollten. Dieser Raum ist nicht vollständig ohne Sie, den Betrachter; tatsächlich sind Sie ein Teil von ihm. Diese Instrumente von Mack, Piene und Uecker sind keine selbstgenügsamen Objekte im üblichen Sinne; vielmehr sind sie Environments – produktive Instrumente, Arrangements, Apparate –, die auf Ihr Erscheinen warten. Tatsächlich brauchen sie Sie. Bis zu einem gewissen Grade gilt das natürlich für jedes Kunstwerk, da jedes ästhetische Erleben ein erlebendes Subjekt erfordert. In diesem Raum aber ist der Beitrag des aktiven Betrachters für die Werke von so entscheidender Wichtigkeit, dass man die Wette wagen kann, in genau dieser Aktivität liege ihr Sinn. Sie gehören zu ihnen, und die Werke gehören zu Ihnen. Die visuellen Effekte entstehen durch jene rotierenden Apparate, sind aber Teil Ihrer Wahrnehmung. Sie sind nichts weiter als Ihre Wahrnehmung. 
Diese Instrumente sind ebenso abhängig von der Position des Betrachters wie von dem kosmischen Element Licht. Beauty (1993), eine frühe Arbeit, die Eliasson in mehreren Versionen schuf, definiert die Grundparameter, die sich von Installation zu Installation wiederholen: einen Akzent auf die Wahrnehmung und den aktiven Einbezug des Betrachters in den Prozess. Winzige Wassertröpfchen rieseln aus einem perforierten Schlauch und schaffen einen flüssigen Vorhang; eine Lampe schickt Lichtstrahlen durch das Wasser, so dass im Raum ein Regenbogen entsteht. 
Die Offenheit des technischen Arrangements ist ebenso typisch für die Kunst von Eliasson und Höller wie für die im Lichtraum: Nichts wird versteckt. Im Gegensatz zu anderen Künstlern, die sich mit Licht und Wahrnehmung befassen – hier ist vor allem James Turrell zu nennen –, bemühen sich diese Künstler nicht zu verbergen, wie sie ihre Effekte erzeugen. Betritt man Beauty, fallen der Schlauch und das elektrische Licht sofort ins Auge. Das Werk besitzt die flüchtige Qualität rascher Wetterumschwünge – ein einziger Schritt in eine andere Richtung, und das Ganze ist verschwunden, wie eine sanfte Brise oder ein Sonnenreflex auf einem vorbeifahrenden Fahrzeug. Es gibt keine Geheimnisse zu sehen, nur ein faszinierendes optisches Phänomen. Dies ist der Geist, den man auch im Lichtraum von Mack, Piene und Uecker findet. Statt uns zu locken, nach verborgenen Mechanismen zu suchen, konfrontiert uns die Installation mit dem Ding an sich. Zum Beispiel mit der Tatsache, dass die Kombination von Licht und Wasser Farbe erzeugen kann. Und mit der Tatsache, dass ein Betrachter erforderlich ist – ein im Raum befindliches körperliches Subjekt –, damit das Phänomen sich zeigt. Die Menschen neben Ihnen, nur ein paar Schritte entfernt, verstehen vielleicht nicht ganz, wovon Sie reden. 
Zwei der Werke in diesem Raum sind Gemeinschaftsarbeiten von Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker: Weiße Lichtmühle und Silbermühle. Für mich repräsentieren sie inspirierende Momente, die man immer noch nicht ganz versteht und die immer noch einen geheimnisvollen Schimmer ausstrahlen. Dies sind keine vorhersehbaren Maschinen, sondern Instrumente, die der Erforschung des Ichs und der Natur dienen. Die Möglichkeiten kollektiver Erkundung leben in den Werken vieler heute arbeitender Künstler fort. 
Bei dem Versuch, die grundlegendste Wahrnehmungsebene zu erreichen, nach dem flüchtigen Nullpunkt der Bedeutung zu suchen, tauchen immer wieder Dinge auf, die dem individuellen Ich fremd sind: Künstlichkeit und Andersartigkeit. Der Nullpunkt ist kein Punkt der Isolation und eingefrorenen Stabilität, sondern eine Zone von Vervielfältigung, Veränderung und produktivem Dialog. 
Wir alle wissen, dass die Vorläufigkeit von Kunst nicht linear ist, sondern vielmehr charakterisiert von Wiederholungen und Synkopierungen, Umwegen und Verzögerungen. 
Manchmal bleiben die wirklichen Revolutionen in der Kunst unsichtbar, bis sie längst vergangen sind, und die unterirdischen Schockwellen können sich über Generationen fortsetzen. Weiße Lichtmühle und Silbermühle strahlen weiter. Es kommt noch mehr.

Daniel Birnbaum, Frankfürt 2008